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ZEICHENMASCHINEN



Jean Tinguely (1925 - 1991)
Méta-Matics, Zeichenmaschinen, ab 1959



Robert Watts (1923 - 1988)
"Tree working, artist resting" , 1983

Die Filzstifte auf dem Papier sind mit Fäden an den Ästen eines Baumes aufgehängt, - durch die Bewegung des Windes in den Baumästen hinterlassen die Stifte Spuren auf dem Papier.
Es gehört zur technischen Definition von Medien, dass sie Botschaften übertragen und speichern. Das ist hier gegeben: Die Vorrichtung der 'vom Baum hängenden Stifte auf Papier' zeichnet als Aufnahme- und Ausgabe-Medium offensichtlich die Spuren von etwas auf. Aber wer zeichnet hier? Mir fällt der Fotopionier Henry Fox Talbot ein, der in einem frühen Traktat 1844 die Fotografie den 'Zeichenstift der Natur' nannte, 'The Pencil of Nature': in der Fotografie zeichnet die Natur ihr eigenes Bild. Ist hier, in der Nachfolge Pollocks, etwas ähnliches gegeben? Ich denke an die Chaostheorie mit ihrem poetisch-physikalischen Bild vom Schmetterling, dessen leichter Flügelschlag in China Stunden und Tage später in den USA nach den Gesetzen der Chaostheorie einen Orkan auslösen kann, oder auch nur ein kleines Lüftchen, wie es hier über das Baum-Medium seine Spuren hinterlässt. (Etwa zu selben Zeit, als Watts' Bild entstand, arbeiteten Feigenbaum und Mandelbrot an ihrem Beitrag zur Chaos-Theorie.)
Nicht zufällig erinnert Watts analoge LowTech-Vorrichtung an wissenschaftliche Geräte: bevor er Mitte der 50er Jahre Künstler wurde, war er Ingenieur gewesen. So wie Seismographen die mächtige Energie der Erdplatten in massvolle kulturelle Zeichen übersetzen, könnte das Ding hier vielleicht ein Aufzeichnungsgerät für Bäume sein (ein Xylograph), für den Wind (ein Äolograph) oder für Schmetterlinge, ein Psychograph. Tatsächlich gab es für Schmetterling und Seele in Altgriechisch das selbe Wort: psyché. (Text rs)






Olafur Eliasson (*1967 in Kopenhagen)
The endless study
, 2005
Eine Zeichenmaschine erstellt Zeichnungen, die von der Bewegung dreier Pendel bestimmt wird. Deren Rhythmus beeinflusst das entstehende Bild.
Nach den Prinzipien eines Harmonographen übersetzt die Maschine einander überlagernde harmonische Schwingungen unterschiedlicher Frequenz ins Grafische.

Das „Unternehmen Eliasson“ beschäftigt über 50 Mitarbeiter, Architekten, Landschaftsplaner, Wissenschaftler, Künstler und Techniker.




Mariko Mori (* 1967 in Tokio)
interaktives Environment ,,Wave UFO" (1999-2002)


Sieben Minuten lang werden die Gehirnströme des Besuchers als Tropfenlandschaften visualisiert und im Inneren des Ufos an die Decke projiziert.

" Es ist ein hervorragendes Beispiel für das, was Gegenstand meiner Untersuchung ist: die Inszenierung technoorganischer Körpervorstellungen in der Medienkunst, die Grenzauflösungen signalisieren und dabei - so meine Vermutung - Metaphern von Weiblichkeit und Fliessen reaktualisieren. ,,Wave UFO" lässt uns nicht nur die metaphorische Transformation des Körpers in Flüsse und Ströme, dynamische Wellen und interagierende Entitäten erfahren und es scheint uns nicht nur zu zeigen, dass zukünftige Körpergrenzen nicht mehr durch die Haut bestimmt sind, sondern es verbindet diese Zukunftsvisionen auch mit Vorstellungen von Ursprünglichkeit und ,Mütterlichkeit'. Die runden Höhlungen des UFOs lassen einen Uterus konnotieren und das fischartige Oberflächendesign weckt Assoziationen an einen Fisch, der vor allem im asiatischen Raum ein Symbol für , Weiblichkeit' ist."
"Die Geschlechter- und Weiblichkeitsfantasien in ,,Wave UFO" interessieren mich vor allem deswegen, weil sie über aktuelle Körperfantasien hinaus neue Subjektvorstellungen repräsentieren. Symbolisiert werden in ,,Wave UFO" jedoch nicht konventionelle Vorstellungen eines cartesianischen Subjekts, das sich gegenüber ,der Welt' positioniert. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, als ob das Gehirn als Sitz von Vernunft und Moral, als Inkunabel dominanter ,Menschlichkeit' verabschiedet und zum kybernetisch verschalteten Knotenpunkt molekularer Kommunikationsströme geworden wäre".

Text aus; Yvonne Volkart, Fluide Subjekte. Anpassung und Widerspenstigkeit in der Medienkunst. Bielefelt: transscript verlag 2006