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Texte / Bilder / Links zum Thema Interaktive Installation
zusammengestellt von Reinhard Storz


Einleitung

Der Begriff "Interaktion" hat seinen Ursprung in den Sozialwissenschaften und bezeichnet dort zwischenmenschliches Handeln. Ab 1960 taucht er in der Diskussion von Fachleuten auf, welche für das amerikanische Verteidigungsministerium Grundlagenforschung im Bereich Computeranwendung betrieben. (ARPA: Advanced Research Project Agency)
Der Psychologe J.C.R.Licklider untersuchte die Beziehung zwischen Mensch und Computer und kam zum Schluss, dass man in Zukunft ein symbiotisches Verhältnis zwischen Mensch und Computer erreichen müsse. Seine 1960 veröffentlichte Schrift 'Man-Computer Symbiosis' wurde zur Grundlage der neuen Disziplin der Computerwissenschaft.

Eine ältere Grundlage findet sich 1948 im Traktat 'Cybernetics' von Norbert Wiener. Er spricht dort von der zunehmend technisierten Lebenswelt, in der die Formen der Mensch-Maschinen-Interaktion zu einem bedeutenden Qualitätsfaktor für Arbeit und Freizeit werden. Für den Austausch von 'Informationen' verglich er die Mensch-Maschinen-Interaktion explizit mit der Interaktion zwischen Menschen.

Diese Grundlagen zum Begriff der Interaktion in der Computerwissenschaft sind bedeutsam, da sie vor jeder Kunstanwendung die Frage der Computerbedienung selbst reflektierten.
Lev Manovich, der mit seinem Buch The Language of New Media 2002 ein Standartwerk zu den neuen Medien geschrieben hat, vermeidet in seinem Text konsequenterweise den Begriff Interaktivität, er sei zu weit, um wirklich nützlich zu sein. Auf computerbasierte Medien angewandt sei er eine Tautologie. Jedes Human Computer Interface sei per Definition interaktiv - es erlaube dem User auf dem Bildschirm dargestellte Informationen in Echtzeit zu manipulieren.

Verena Kueni, schreibt, bezogen auf Nam June Paiks „Participation TV (1963-66)
Da es dem Publikum jedoch eher einen Erfahrungs-, als einen Handlungsraum bietet und die Aktionen des Publikums nur die Erscheinung der Arbeit, nicht aber ihre Struktur manipulieren können (und auch dies nur temporär, also für die Dauer des jeweiligen Eingriffs), scheint es - wie es auch der Titel der Participation TV präzise faßt - angemessen, nicht von "Interaktion", sondern von Partizipation zu sprechen.
In diesem Rahmen bewegen sich nun auch viele Arbeiten der elektronischen Kunst - auch dann, wenn sie vorgeben, interaktiv zu sein: Die zahlreichen als "Tapp- und Tastkinos" funktionierenden Höhlen , in denen über Rückkopplungs- und Samplingeffekte Bilder und Klänge generiert und manipuliert werden können, die Multi-Media-, Computer- und Video-Installationen, sind in der Regel eher "reaktiv" oder "partizipativ" als "interaktiv" zu nennen, so sie nicht als Systeme offen, lernfähig und veränderbar sind wie das System Mensch.
Gerade hier knüpfen die Vorstellungen einer computergestützen, elektronischen "Netz-Werk-Kunst" an, die den Computer nicht nur als vielseitiges Werkzeug, sondern auch als Kommunikationsmedium nutzt. (Verena Kueni)


Digitale Kunst ist offen, flüchtig, interdisziplinär, multimedial, prozessual, diskursiv, konzept- und kontextbezogen und zielt daneben immer häufiger auf Interaktion mit dem Rezipienten ab. Innerhalb der Evolution der Gattungen hat die Virtuelle Kunst begonnen, das tradierte Tableau weiter, diesmal zugunsten eines prozessualen Kunstmodells aufzulösen. Interaktion, Telematik, genetische Bildprozesse verstärken nicht nur die Grenzüberschreitungen, sondern verschmelzen zudem die Wahrnehmung der Benutzer mit einem tendenziell auf alle Sinne ausgreifenden Interface. Es entstehen immersive Werke, welche die Gattungen von Architektur, Skulptur, Malerei, der Szenografie, aber auch das Theater, Film und Fotografie, ja historische Bildmedien wie das Panorama und viele andere in die Virtuelle Kunst integrieren.
(Oliver Grau) http://www.medienkunstnetz.de/themen/medienkunst_im_ueberblick/immersion/


Systematik zur Interaktivität in der Kunst::
Dieter Daniels: Strategien der Interaktivität
1. Archiv mit Anschauungsmaterial: http://www.medienkunstnetz.de
2. Archiv mit Anschauungsmaterial: http://www.virtualart.at
Reinhard Storz: Wie sieht die Kunstinstitution der Zukunft aus? 3 Antworten.