25.8.2001 < voriger Tag | nächster Tag >
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Samstag zum Schaudern und Verwunden
Noch mehr Zelte / Das Geheimnis um Martins Abwesenheit lüftet sich - die Rezeption hat 2 neue Möbel / Martin wird Bademeister im Whirlpool / Im Rezeptionsbüro ist Hochbetrieb und die Luft steht / Andrea backt für alle wunderbare Pizza im Holzofen / Eine Ersatz-Maskenbildnerin muss für den Sonnenbad-Abend gesucht werden / Die Musiker und Poeten müssen sich noch im Internet Musik herunterladen / Noch einmal eine Räubergeschichte / Ein schaurig schöner Park von Alexandre Perigot & Freunden am Abend - Es wird gestorben und gleich wieder aufgestanden / Edit Oderbolz' Sonnenuntergang wurde von Unbekannt vorsichtig sabotiert - ein Naturfreund? / Wir erhalten Wunden und künstliche Narben zum "mit-nach-Hause-nehmen" / Mitarbeitende Gastkünstlerin des Tages: Barbara Loreck
Mitarbeitende Gastkünstlerin des Tages: Barbara Loreck
B.Loreck@web.deIch mache in Berlin, wo ich lebe, seit 6 Jahren mit 3 anderen Künstlern Performance in einer Gruppe namens " Ex Machini" (aus der Maschine) in Benennung einer Art glücklicher Unruhe, die wir auch stiften wollen. Wir haben unseren (Arbeits-)Ort in einem ehemaligen besetzten Haus, wo wir einstündige Arbeiten einstudieren. Unser neustes Stück "Neue performative Strategien" hat sich mit Erfolgsgerüsten, die als Training angeboten werden, beschäftigt und hatte auch in unserer Bearbeitung eine Art Workshop-Charakter.
Ich kam aus einer eher isolierten, stillen Situation in Berlin zum Foyer. Für mich war es eine Entdeckung, wie beim Planen eines temporären Ortes der Austausch mitgedacht werden kann. Es funktioniert und ich habe es sehr genossen, mit anderen im Gespräch, in diesem Kontext zu sein.
Die Herausforderung durch Passanten finde ich sehr gut. Mit meinem Hochdeutsch habe ich jedoch oft das Gefühl von Verständigungsproblemen.
Die Bauten finde ich schön und witzig: Behauptungen mit Funktion und Absurdität. Auf den ersten Blick ergibt es eben keinen Sinn.
Der Luxus gefällt mir. Auf der grünen Wiese gibt es eine Dusche und warmes Wasser und Steckdosen in den Hüttchen - das bin ich von zuhause nicht gewohnt. Das Essen ist grandios gut. Zwei warme Mahlzeiten am Tag habe ich noch nie in meinem Leben gehabt.
Wunden und Narben, ein Gespräch am Abend
Gabriele Rérat / Martina Gmür
Martina kommt. "Hat jemand Licht, eine Lampe?"
"Warum, was suchst du denn?"
"Ich habe meine Schusswunde verloren. Vielleicht liegt sie da!"
"Hat dir deine Mama nie gesagt, dass man Schusswunden nicht vom Boden aufliest?"
"Affect-Effect" - Eine Inszenierung von Alexandre Perigot
(www.metafort.org/ecoute)im Sonnenbad St. Margarethen erzählt von Dora Imhof, bearbeitet von Chris Regn
*Das Sonnenbad ist normalerweise eine wahrscheinlich im Zuge der Körperreformbewegung eingeführte Institution für Sonnenfreunde.*
*Alexandre Perigot hat mit seiner Arbeit versucht, mediale Gewalt- und Splatterbilder, die uns täglich begegnen, in die Erfahrbarkeit einer Begegnung (mit diesen Inszenierungen) zurückzuführen.*
Den Abend fand ich super, schön, heiter und stimmungsvoll. Das Narbenschminken des Publikums war sehr eindrücklich! Die Blessuren waren sehr schnell fertig, wirklich gruselig und hielten zur Freude aller Beteiligten eigentlich mindestens den ganzen Abend.
Die erste Station war die Tod und Teufel Bar von "Milk & Wodka". Das ist eine lose Gruppe von Comic und Cartoonzeichnern mit Sitz in Schaffhausen, die ihre Arbeiten 2- und 3-dimensional präsentieren.
Sie haben einen rot erleuchteten, mit zentral über Kopfhöhe baumelnden Pappmachéteufeln gezierten Gang zu einem Theaterähnlichen mit schwarzem Tuch verhängten Ausgabetresen installiert. Nach einer Bestellung eines Bloody Beer, Bloody Wodka, Bloody Bebbi und so weiter durch das Tuch kommt ein Pappmachéteufel aus einer Öffnung und gibt Getränke aus, kommentiert von verzerrter Stimme mit Echo. Kassiert wird mit einer Hand im weissen Handschuh aus einer anderen Stoffalte. Immer nur eine Person kann vor den höflichen Barteufel treten.
Vor und hinter dem Eingang zu Alexandre Perigots Szenerie stand je ein Türsteher (Sudhaus- und Grenzwachen-erprobte) im schwarzen Anzug. Er gewährte Einlass durch einen verqualmten Korridor. Durch die mit Schusslöchern perforierten (Arbeiterschützen Bottmingen) und beleuchteten Wände durchquerten Lichtlinien einen engen und etwa 5 Meter langen Gang ins "Sonnenbad".
Dort gab es eine angenehme, stimmungsvolle Parksituation mit beleuchteten Bäumen in der verschiedene "Stationen" von der Eingangsposition aus halbkreisartig und grossräumig alle zusammen sichtbar waren. Es gab rotes Licht für die Schwimmbadoberfläche, um sie als "Blutbad" erscheinen zu lassen.
Rechts davon befand sich das imponierende "Wundenschminken", mit Maskenbildner/innen wie z.B Philippine Compani , Beat Fruttiger und Assistentinnen. Nebenan stand eine grosse Projektionsleinwand, auf der es vorproduzierte Videos und Life Situationen (wie Nahaufnahmen des Schminkens) in einer choreographierten Reihenfolge zu sehen gab. Im Anschluss ein mit Matten ausgelegter Platz, auf dem Aikido Meister des Dojo Shinobu aus Reinach eine "Séance de chute" (Fallübungen) mit Interessierten probten oder ein Workshop um Sterbegesten von Günther Wüsten stattfand. Rechtsaussen zwischen den Bäumen waren das Musiker und Poetenduo DJ Black Sifichi (
www.novaplanet.com / BLACKROMA@chello.fr ) und BXT (www.counter_reset.com ) positioniert, um Sound für den ganzen Anlass und auftrittsartige Szenen abzuwechseln.Der Aufbau wurde von Alexandre Perigot und seinem Assistenten Jean de Piepape (einem Künstler, der in eigenen Arbeiten "Freundschaft" thematisiert) geplant und überwacht. Hanno Schwarz, Pierre Keller und Michi bauten den Korridor. Claude Hidber und Daniel Reichmuth installierten Licht und Video.