20.6.00


Natürlich reden (oder schweigen) wir über Bilbao, über das wieder eröffnete Beaubourg, die Tate Modern in London oder bald über ein neues Guggenheim in Indien. Im Schatten dieser millionenschweren Kunstkreuzer jedoch rudern oder segeln, motoren oder gondeln zahllose kleinere Räume, die sich der Kunst der Gegenwart verschrieben haben. Die beweglichsten unter ihnen sind die sogenannten unabhängigen Kunsträume oder «Off-Spaces», die in der Regel weder an Kunstvereine noch an städtische Strukturen gebunden sind und sich oft von Projekt zu Projekt über kleine und kleinste Beiträge finanzieren. In meist sehr bescheidenen Ausstellungsräumen, Werkstätten eher, wird hier an der Kunst von morgen gebastelt, wird meist im persönlichen Umgang mit den Besuchern Kunst sehr direkt vermittelt. Die Zahl solcher Räume nimmt weltweit stetig zu, doch natürlich reist kaum jemand nach Kopenhagen oder Rio de Janeiro, um sich einen Kunstraum von der Grösse seines Wohnzimmers anzusehen. Auf dem Netz hingegen haben diese Räume die Möglichkeit zu einer erweiterten Existenz. Eine erste kleine Tour von Basel über Paris noch Osaka sei hier unternommen – Fortsetzung folgt.

Basel: Hinter dem Tresen
Beginnen wir unsere Tour du Monde im heimischen Basel: Sowohl der «Kaskadenkondensator» als auch die «Cargo Bar» lassen sich auch im Web besuchen. Auf Seiten, die in einem eleganten Grau gehalten sind, führt uns der «Kasko» seine Räumlichkeiten, das aktuelle Programm und die Liste all jener Basler Künstler vor, die in ihrer Dokumentationsstelle vertreten sind. Anregender ist der Web-Auftritt der «Cargo-Bar», denn wer sich bisher damit begnügt hat, am trendigen Tresen über dem Rhein seinen Chardonnay oder seine Margherita zu schlürfen, erfährt auf dieser Seite nun endlich, was für eine kulturelle Regsamkeit sich hinter der süffigen Fassade verbirgt: Da werden einerseits die Kunstprojekte vorgestellt, die sich in den Barbetrieb selbst eingeschlichen haben, andererseits kann man sich über das hauseigene Fernsehen «CargoTV» wundern und erfährt da gelegentlich allerlei seltsames aus allerlei Welt. she

Kasko: http://www.kasko.ch
Cargo-Bar: http://www.xcult.org/cargo


Paris: Neuer Haarschnitt
Per Mausklick geht es weiter nach Paris. Hier stellen Alexis Vaillant und Eva Svennung ihr «Toasting Agency» vor, eine Art Kunstbüro mit ansehnlich weitem Aktionsradius. Bis vor kurzem etwa bot die «Agency» kunst- und modebewussten Zeitgenossen an, sich nach dem Design von Künstlern wie Rebecca Bournigault, Jonathan Monk, Matthieu Laurette oder Alex Bag einen Haarschnitt verpassen zu lassen. Ziemlich aufwendig ist der Netzauftritt des Kunstraumes «Glassbox», der seine Räumlichkeiten, vergangene und bevorstehende Projekte mit einer Vielzahl von Bildern und anspruchsvoller Grafik präsentiert – nichts für Ungeduldige, denn gelegentlich sind mehrere Anläufe nötig, um etwa herauszufinden, dass es bei dem Projekt «Made on Mars» vor allem um den berühmten Schokoriegel geht. she

Toasting Agency: http://www.citeweb.net/toasting/
Glassbox: http://www.icono.org/glassbox (mit Flash Plug-in)

Osaka: Honig fliesst
Einmal Blinzeln (ohne Stewardess) und schon sind wir im fernen Osaka, mitten im «CAS» (Contemporary Art and Spirits). Hier können wir derzeit mit ein wenig Basteln (und Real Player) Kyoko Sawanobori bei ihrer Performance «Honey, Beauty and Tasty» beobachten, die bisherigen Projekte des «CAS» in Bildern und Texten rekapitulieren oder am Vernissagetreiben teilnehmen. Auch den geheimen Aufenthaltsort von Shino's Bar (ausgesprochen: «shinoba») erfahren wir über diese Seite – wenn wir Glück haben und uns im richtigen Moment einlinken. Kürzlich war die Bar übrigens in Holland – wer weiss, vielleicht steht sie morgen schon in Basel.

CAS: http://paper.cup.com/cas