
Das Projekt
Ein Teil des Teams des Ausstellungsraumes Kaskadenkondensator (Warteck pp)
hat zusammen mit Gastorganisatoren ein Konzept erarbeitet, durch subjektive
Sichtweisen das Feld von Nicht-Orten phänomenologisch auszuloten und
mittels künstlerischen Strategien zu bespielen. Über vierzig KünstlerInnen
wurden eingeladen, mittels ihrer Arbeitsweisen Nicht-Orte zu reflektieren.
Die meisten der Beteiligten haben sich schon länger mit der Thematik
des Ortes/Nicht-Ortes auseinandergesetzt.
Das Projekt dauert vom 24.1. bis 22.3.1998 hauptsächlich an den Wochenenden.
Kunstschaffende und Fachleute aus themenverwandten Gebieten werden vor allem
im öffentlichen Raum Performances, Fotoinstallationen, Stadtsichten
und Videoarbeiten realisieren. Ein Grossteil der Arbeiten sind also nicht
ausschliesslich an ein Kunstpublikum adressiert.
Während dieser Zeit wird der Kaskadenkondensator seiner Funktion als
eigentlicher Ausstellungsort von Kunst enthoben. Es werden ihm gleichzeitig
verschiedene Funktionen zugeordnet. Zum einen ist er Lager-, Archiv- und
Dokumentationsort, an dem die Überreste der verschiedenen Interventionen
und Aktionen in freier Regie thematisiert werden. Zum anderen ist er Informations-
und Diskussionsort.
Öffnungszeiten Kaskadenkondensator: Freitag - Sonntag 16.00
- 19.00h
Für Konzept und Organisation verantwortlich sind:
Philippe Cabane Städteplaner und Soziologe
Anne Hody Künstlerin und Mitorganisatorin Kaskadenkondensator
Alban Rüdisühli Architekt
Clara Saner Künstlerin
Martina Siegwolf Kunsthistorikerin und Mitorganisatorin Kaskadenkondensator
Künstlerdokumentation: www.xcult.ch/x/nonlieux
Unterstützt durch:
Kunstkredit Kanton Basel-Stadt, Bundesamt für Kultur, Fond Warteck
pp
Eunet, www.Xcult.ch
nonlieux - Poesie des Nicht-Ortes
Nicht-Orte sind Zwischenbereiche unserer von physischer Beschleunigung und
von modernen Kommunikationstechnologien geprägten Gegenwart. Es sind
Räume, durch die wir uns täglich bewegen; sei es mit Transportmitteln
oder sei es im "Äther" des Internets, die es uns erlauben
- bewegungslos vor dem Bildschirm - gleichzeitig in komplexe soziale und
räumliche Zusammenhänge einzutreten. Auch urbane Lebensräume,
deren Erscheinungsbild und Funktionsweise sich einander mehr und mehr angleichen
sind NichtOrte. Problemlos orientieren wir uns am Flughafen oder am Bancomaten,
wo immer wir uns auch befinden.
Ein Nicht-Ort besitzt - im Gegensatz zum Ort - keine Identität im herkömmlichen
Sinne und lässt sich weder als relational noch als historisch bezeichnen.
Er prägt zwar unser Umfeld mit; durch einge-schliffene wie normierte
Handlungen, die uns dort leiten, entzieht er sich aber der genaueren Aufmerksamkeit
und Wahrnehmung.
Als weitere Kategorie von Nicht-Orten seien die sogenannt "unwirtlichen"
Orte und Kulturbrachen genannt. Ihre Qualität wird meist an Vertrautem
bemessen. So gesehen werden sie oft als Öde und wüstenhaft empfunden.
Tatsächlich aber bewegen wir uns dort in einem Netz von diversen Bezügen,
die je nach Blickwinkel und Fragestellung verschiedene Facetten erscheinen
lassen. In ihrer Eigenschaft, sich unseren Fixierungsversuchen zu entziehen,
beeinflussen sie das gewohnte Verständnis von Raum und Zeit. Sie untergraben
unser inneres Orientierungssystem, welches auf Übereinkünften
gesellschaftlicher wie persönlicher Art beruht.
Nicht-Orte bieten also Leerstellen für diverse Imaginationen. Im Falle
der normierten Nicht-Orte wird vor allem die vertraute Anonymität zur
Projektionsfläche, an den unwirtlichen Orten evoziert die Leere unsere
Wünsche nach gesellschaftlichen Freiräumen. Beide sind Indikatoren
unserer beschleunigten Gegewart. Sie eignen sich deshalb als künstlerisches
Arbeitsfeld, weil sie nicht eindeutig, sondern vielschichtig sind.
Gibt es etwas, was uns auffällt ?
Über der gesamten Oberfläche des nationalen Territoriums erhebt
sich ein "Luftraum". (G. Perec)
Der Raum ist ein Zweifel, ich muss ihn unaufhörlich abstecken, ihn
bezeichnen. (G.Perec)
Das Stadtgefüge wird nach verkehrstechnischen, geographischen, wirtschaftlichen
und künstlerischen Gesichtspunkten gestaltet. (Wörterbuch der
Architektur)
Ort: Ende einer Strecke, an der gearbeitet wird. (Brockhaus)
Wie schnell ist eine Strasse ?
Sind Nicht-Orte Freiräume ohne gesellschaftliche Kontrolle ?
Existiert ein Nicht-Ort nur solange ich ihn nicht wahrnehme ?
Warum erhole ich mich nur im Grünen ?
Nicht-Orte sind lieb.
Wie erfahre ich Nicht-Orte und wie charakterisiere oder versprachliche ich
sie ?
Wie wandelt sich ein Ort zu einem Nicht-Ort ?
Kann man einen Nicht-Ort genau definieren, ohne dass er dadurch wieder zum
Ort wird ?
Sich im Stau bestens amüsieren.
Sind Nicht-Orte ausschliesslich eine gesellschaftliche Kategorie oder auch
eine persönliche ?
Nicht-Orte als Leerstelle für Imagination und Erinnerung ?
Gibt es Kriterien, die einen Ort zu einem Nicht-Ort transformieren ?
Transit-Ort = Nicht-Ort ?
Nicht mehr Orte - mehr Nicht-Orte !
Werden Nicht-Orte geplant ?
Nicht-Orte als moderne Wildnis.
Was ist ein Nicht-Ort ?
Kultivierung der Restflächen.