Netzbasierte Kunst

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Filmische Formen

Mit den schneller werdenden Internet-Leitungen findet man heute in der Netzkunst zunehmend Arbeiten, welche filmische Effekte aufweisen. Da sich eigendliche Filme im Netz erst kleinformatig und in schlechter Qualität darstellen lassen, erfinden die Künstler für ihre filmische Effekte unterschiedliche Kombinationstechniken. So wechseln sich kaum merklich fotografische und filmische Phasen ab, oder es werden aus animierten Fotografien filmische Miniaturen entwickelt. In einer dritten Arbeit wird die wechselnde Bewegung einer interaktiven Tieranimation durch Programmierung erzeugt. Solche Kombinationstechniken können an die Zeit vor der Erfindung des Films im späten 19. Jahrhundert zurückerinnern, zugleich geben sie eine Vorschau auf die Zukunft des Internets, in der filmische Formen selbstverständlich sein werden.
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* CANDY FACTORY PROJECTS, FWD: TAKUJI KOGO 2007

sanjose
wonderland
lampedusa


David Crawford, Stop Motion Studies, 2003
Für seine Stop Motion Studies fotografierte der amerikanische Künstler David Crawford Menschen in der U-Bahn grosser Städte. Vier bis fünf kurz nacheinander aufgenommene Bilder werden zu kurzen Loops zusammengesetzt, ein Algorithmus steuert die Zeitintervalle im Bildwechsel. So laufen die Foto-Animationen in einem unregelmässig flackernden Rhythmus ab, der an das Schauckeln einer fahrenden U-Bahn erinnern mag. Crawford’s Bildstudien wirken wie Psychogramme für das individuelle und kollektive Verhalten wartender Menschen in der Grosststadt, während die Ästhetik der einfachen Bildanimationen mit den langsamen Übertragungsraten im WWW korrespondiert.

David Crawford, http://www.stopmotionstudies.net/


Soda Creative Ltd., Sodaplay, 2000
Seit 2000 gibt es Sodaplay, eine Plattform zur Herstellung beweglicher Kreaturen, deren Aussehen und Bewegungen ebenso an Tiere wie an Maschinen erinnern. Mit Hilfe von Linien und Angelpunkten kann sich jeder User / jede Userin am Bildschirm ein eigenes technoides Wesen konstruieren. Es macht aber auch Freude, im "Sodazoo" mit bereits bestehenden Tierchen zu spielen. Man packt sie mit der Maus an einem ihrer Gelenkpunkte und wirft sie "in die Luft". Die Gravität im weissen Fenster entspricht etwa der auf dem Mond, die Tierchen zappeln in Zeitlupe in die Höhe und fallen zurück, suchen nachfedernd nach einem prekären Gleichgewicht, knicken ein und erwecken den Anschein einer belebten Mechanik, welche beim Betrachter seinerseits primäre psychologische Reflexe in Gang setzt: Mitgefühl durchsetzt mit Schadenfreude.

http://www.sodaplay.com/zoo/index.htm


Beispiel: oranxa



Frédéric Durieu und Jean-Jacques Birgé: Equus, 2002
Die animierten Pferdefotos der französischen Gruppe LeCielEstBleu erinnern an ein post-mechanisches Marionettenspiel. Zwar verdanken die Tiere ihre Bewegung nicht den Handbewegungen eines Puppenspielers sondern den Impulsen einer Programmierung, welche die Tierkörper an ihren Gelenken in Bewegung versetzt. Schliesslich kann der Betrachter doch selbst mit der Maus-Hand eingreifen und die Tiere behindern oder zu bestimmten Bewegungen zwingen. Sofort wirkt die Szenerie gewalttätig, denn neben der Bildebene und ihrer Programmierung trägt auch der Ton zur interaktiven Dramatisierung des „Tierfilmes“ bei.

http://www.lecielestbleu.com/media/equusframe.htm
penguin



Pleix. Paris, Films (http://www.pleix.net/films.html)
Orphe Pavlidis, eProtistes (http://homepages.pathfinder.gr/oranxa)
River und Whid, 1 year performance video (http://turbulence.org/Works/1year/performancevideo.php)