Netzbasierte Kunst

next

Journal / Archiv


Felix S. Huber & Philip Pocock, Arctic circle, 1995
1995 war das www erst in spezialisierten Berufskreisen bekannt, und die Möglichkeit, Bilder und Ton in einem Web-Journal zu veröffentlichen, war für die meisten Anwender neu. Der Name „Weltweites Netz“ (www) entwickelte damals sein grandioses Versprechen, den realen, physischen Raum durch einen virtuellen Datenraum zu überlagern. So reisten die beiden (Video-)Künstler mit einem Campingbus hoch zum Polarkreis nach Alaska, und schickten über das Telefonnetz der verstreuten Ortschaften Abend für Abend kleine Reiseberichte in Form von Text-, Ton- und Bildaufnahmen ins Netz. Hier entstand ein erster subjektiver Weblog (Blog) mit kurzen Berichten und Minifilmchen, dessen Botschaft letztlich von einer realen und virtuellen Präsenz handelt, und von der Erschliessung der Welt im elektronischen Raum.

http://www.dom.de/acircle/acircle.htm



Michael Mandiberg: Shop Mandiberg, 2001
Im Jahr 2001 betrieb Michael Mandiberg eine e-commerce-Seite, auf der er all seinen persönlichen Besitz zum Verkauf anbot. Die Seite gibt es immer noch, allerdings ohne Kauf-Buttons. Heute lässt sie sich als Katalog betrachten, in welchem die materielle Ausstattung eines vierundzwanzig Jahre jungen Künstlers aufgelistet ist. Unterteilt in die Kapitel Gebrauchsgegenstände, Möbel, Persönliches, Kleider und Esswaren ist seine gesamte Wohnungseinrichtung in ihren Einzelteilen fotografiert, beschrieben und mit einem Preis versehen. Selbst sein Portemonnaie samt Creditkarte ist zu haben. „Probieren Sie meine Bank zu überzeugen, dass Sie ich sind“, steht dabei. Mandiberg bietet im Netz die materielle Hülle seiner Person zum Verkauf an und überlagert dabei den Wert der Dinge in der Warenökonomie mit ihrem persönlichen, identitätsstiftenden Wert.

http://www.mandiberg.com/shop/



Komar & Melamid: The Most wanted Paintings on the Web, 1995
Die aus Russland in die USA emigrierten Künstler Komar & Melamid zeigen in ihrer internationalen Kunstumfrage The Most Wanted Painting / The Least Wanted Paintings, wie stark der kulturelle Geschmack bereits den Gesetzen der Globalisierung folgt. Im Internet und mit Hilfe professioneller Umfrage-Institute wurde in vierzehn Ländern nach ästhetischen Vorlieben und dem durchschnittlichen Publikumsgeschmack in der Malerei geforscht. Dass die Ergebnisse dieser ironischen Statistik im WWW dokumentiert sind, ist kein Zufall. Als weltweites Informationsnetz wurde das WWW nach dem Ende des Kalten Krieges zum Schlüsselmedium des globalen Ausstausches mit seinen Kernbegriffen der Globalisierung, Ökonomisierung und Demokratisierung.

http://www.diacenter.org/km/intro.html