Einführung: Psychoanalyse und Theologie
....Unser Haus war voll mit Antiquitäten und wertvollen Gegenständen die man zu würdigen oder mindestens mit Rücksicht zu behandeln hatte. Einer meiner Brüder hatte regelmässige Tobsuchtsanfälle. Einmal schmiss er in der Wut seinen Hausschuh quer durchs Arbeitszimmer meines Vaters, direkt in ein Gemälde, das die tosende See zeigte.
Der Finken steckte quasi als untergehendes Boot mitten im Bild. Mein Vater versuchte, seinen Sohn zu stellen, aber die Verfolgungsjagd war altersbedingt aussichtslos.....
Die Intervention
Da es sich bei der Zusammenarbeit um eine mit PsychoanalytikerInnen handeln sollte, beschäftigte uns sehr die Frage, wie das denn aussehen könnte. Wir wollten nicht, dass in unserer Ausstellung die Arbeiten analysiert und die KünstlerInnen pathologisiert werden, aber wir wollten den Analytikern auch nicht vorschreiben, wie sie ihre Arbeit machen sollen.
An diesem Punkt entstand in mir das Bild der schlafenden und träumenden Analytiker.
Sie stehen -besser: liegen- hier, weil sie für uns auf eine bestimmte Art die Lotsen sein sollen. Allerdings, wie Stephan Schmidt mir mal erklärte, auf Schiffen ohne Steuer und mit Kapitänen, die das nicht wissen (wollen).
Können wir hier nicht ein Schiff zu Wasser lassen?
Wie es scheint, ist ein Bett einem Schiff ähnlich (und das Schlafen dem Navigieren). Was in den Betten zum Sprechen gebracht wird, erfahren wir ja vieleicht noch.
Hier in der Ausstellung können (oder können auch nicht) Analytiker schlafen und uns zusammen mit ihrem Nachtschweiss ihre Seekarten, Logbücher, Flaggensignale, Maschinentelegrafen, Positionslichter und ihre Frühstücksgespräche zurücklassen.
Möglicherweise.
Hier erscheinen die Analytiker selber als Bildmaterial, behalten aber die Freiheit, ihren Platz innerhalb und ausserhalb der Intervention selber zu definieren. Für mich als Künstler geht es als erstes um das Bild, was sie uns darüber hinaus vermitteln, kann ich geniessen, aber nicht bestimmen.
Es gibt (sagen wir mal: naturgemäss) keine Aufzeichnung des "Frühstückgesprächs", die sich hier wiedergeben liesse, aber vielleicht findet sich in der Zukunft etwas passendes als Ersatz.
Während der Ausstellung liess ich die Betten in ihrem beschlafenen Zustand. Besucher hatten die Möglichkeit, verschiedene,bei den Vorträgen entstandene Tondokumente zu hören, aber so leise, dass sie im Bett liegend gehört werden mussten (der Lautsprecher war im Kopfkissen plaziert).
Stephan Schmidt ist Facharzt für Psychatrie und Analytiker. Er gab den ersten Anstoss zu diesem Projekt und war unser erster Gesprächspartner in diesem Bereich. Er wird uns am Samstag den 05.12. um 18.00 Uhr die Fallgeschichte einer Analyse mit Vaterproblematik aus seiner Praxis vorstellen und uns so einen Einblick in seine Arbeit ermöglichen und die Atmosphäre in der Ausstellung noch kräftig aufladen -nehme ich mal an- bevor er dann versucht, hier schlafen zu gehen.
Die Fallgeschichte, die im Ausstellungsprojekt 1998 von Dr. Stephan Schmidt vorgestellt wurde, kann aus Rücksicht auf den lebendigen Menschen, der dahinter steht, nicht in gleicher Form im Internet veröffentlicht werden. Hier wird deshalb vorest nur ein Teil des Vortrags zu sehen sein. Eine überarbeitete Fassung wird demnächst folgen.
Cathy Zarnegin lebt in Basel und Zürich, ist Literaturwissenschaftlerin und Analytikerin und meines Wissens auch Dichterin . Sie wird im Anschluss an Stefan Schmidt -nach einer kleinen Denkpause vieleicht- von ihrer Position aus auf die vorher genannte Fallgeschichte reagieren, uns also einen weiteren Aspekt eröffnen.
Hartmut Raguse ist Titular-Professor für Hermeneutik und Neues Testament an der theologischen Fakultät der Universität Basel und Psychoanalytiker. Auf unsere Anfrage, ob er sich einen Beitrag aus der theologischen Ecke für das Vaterbild vorstellen könnte, konnte er sofort. Er wird am Sonntag den 13.12. um 18.00 Uhr einen Vortrag mit anschliessendem Gespräch unter dem Titel "Psychoanalytische Erwägungen zum Hiob-Buch" halten.