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Silvia Elisabeth Hautmann
Kaskadenkondensator
im Warteck, Burgweg 7, CH-4058 Basel
Pressetext
Silvia Elisabeth Hautmann
The Passion and The Interest (Leidenschaft und Interesse)
10. August bis 1. September 1996
Die Rauminstallation von S. E.Hautmann entsteht durch einen einfachen Kunstgriff: die Künstlerin transferiert Möbel und Gegenstände aus ihrem Elternhaus in den Kaskadenkondensator. (Genau besehen handelt es sich um das "Jagdbüro" ihres Vaters, eine Wartesituation mit Rauchtisch und Ahnengalerie sowie einen Wintergarten. Drei Szenerien, einem häuslichen Ambiente entnommen, werden in einen Kunstraum verschoben, Privates wird in die Kunstöffentlichkeit gewendet. Allerdings nicht um dem Alltäglichen die Weihe des Kunstvollen zu verleihen. Oder den Möbeln, Gegenständen und Pflanzen im Moment des Verschiebens für kurze Zeit ein So-Sein jenseits symbolischer und anderer Zuschreibungen zu gewähren.
Dass S. E. Hautmann für die Verschiebung in den Kunstraum Gegenstände und Raumsituationen ausgewählt hat, die in sich schon die Voraussetzung tragen, persönlichen Leidenschaften und Vorlieben einen repräsentativen Anstrich zu verleihen, z.B. das Jagdbüro, lässt voyeristische Neugier ins Leere laufen und fokussiert die Aufmerksamkeit auf die Tiefenstruktur solcher Selbstdarstellungen. Somit auch auf die Art und Weise, wie Situationen, auch wenn sie vielleicht einmal als Teil einer sehr persönlichen Geschichte erlebt wurden, auf eine Öffentlichkeit hin inszeniert sind. Eine Ahnengalerie, bestehend aus Urgrossvater, Grossvater, Vater und Bruder in Uniform, durchbricht jede naive Vorstellung von Privat und Öffentlich, da in den gerahmten, familiär-genealogischen Selbstvergewisserungen längst zu Typologien erstarrte Repräsentationsformen aufscheinen.
Mit der Auswahl des Ausgestellten sowie der Form des Zeigens stellt S. E.Hautmann nicht nur die Frage nach dem, was aus biografischer Sicht einmal das eigentliche, unhinterfragt Selbstverständliche war und wie dieses in seiner zeitlichen und örtlichen Bedingtheit erfasst werden könnte. Mit dem Hinweis auf Zeigen und Inszenieren sind auch Fragen und Probleme angesprochen, welche die Kunst selber betreffen. Die wohnliche Einrichtung, aus ihrer vertrauten Umgebung isoliert und damit aus ihrem ursprünglichen, sinnstiftenden Zusammenhang gerissen, rückt für die Betrachtenden den Kunstkontext als einen wahrnehmungsschärfenden und wahrnehmungsverändernden "Apparat" ins Bewusstsein. Was als exhibitionistische Geste missverstanden werden könnte, gibt sich als Kunstgriff zu erkennen, der ein widersprüchliches Oszillieren zwischen Vertrautem und Befremdlichem provoziert, zwischen möglichen, durch Geweihe, Felle, Oleander oder Fotos animierten Geschichten und der gleichzeitigen Stummheit dieser Dokumente. Die dezidierte Geste des Ausstellens wird in geradezu paradoxer Weise zum Mittel, die scheinbar gesicherte Grenzziehung zwischen Kunst, Künstlichkeit und Alltagsrealität subtil ins Ungewisse zu verlagern. Die eigenartige Stimmung im Raum unterstreicht das Beunruhigende dieses offenen Zustandes.
Kontakt:
Silvia Elisabeth Hautmann Chausseestrasse 94, Ant. Nord D10115 Berlin 0049-30-283 90 656